Nun hier fängt es doch schon. Ist das System so eine Selbssteuerungstechnik?
Es heißt "Autopilot" und soll selbständiges Fahren ermöglichen (einige Zeit, und darum geht es auch in dem Gerichtsverfahren, wurde sogar mit "autonomen Fahren" geworben). Auch wenn die Obergrenze dieses Begriffs unklar ist, so geht es dabei doch seit jeher um Selbststeuerungstechniken.
Piloten beschreiben den Begriff aber genauso wie
@saphira33 es beschrieben hat. Der Autopilot unterstützt den Piloten. Genauso wird es meines Wissens auch gehandhabt und bei allen Fluglinien die ich kenne muss das Cockpit immer aktiv von mindestens einem Piloten besetzt sein.
Bei einer Achterbahn muss auch immer ein Bediener im Häuschen sitzen. Aber das heißt nicht, dass die Wagen ohne ihn nicht am Ziel ankommen würden. Die Aufgaben eines Piloten sind Steuerung, Luftraumüberwachung, Kontrolle technischer Systeme, Beurteilung der Wetterentwicklung, Flugplanung, gegebenenfalls Einschätzung der Passagiersituation und weiteres. Ein Autopilot unterstützt ihn, in dem er die ersten beiden Punkte übernimmt. Aber in einem fahrenden Auto ist der Fahrer nur für diese beiden zuständig und würde somit vollständig ersetzt werden. Technische Kompetenzen jenseits von "ist ein Nagel im Reifen" (was vor der Fahrt zu prüfen ist) werden nicht erwartet, das Wetter wird gar nicht vorausschauend berücksichtigt (wie erst kürzlich wieder zu beobachten war), die Route plant das Navi und ich habe noch nie gesehen, dass ein Autofahrer eine außerplanmäßige Landung auf einen Ausweichflughafen anfragen musste, weil 20 besoffene Ballermanntouristen hinter dem Cockpit randaliert haben.
Autofahrer machen nur das, was Verkehrpiloten über weite Teile eines Fluges nicht mehr machen, weil es ihnen der Autopilot abnimmt. Und einiges davon machen letztere überigens erst/nur, seitdem/weil es moderne Assistenten gibt. Als schlechtere (oder keine) Radarsysteme und schlechtere (oder fehlende) Selbststeuerungssysteme rund um die Uhr die Augen und Hände von mindestens einem Piloten, in schwierigen Situationen sogar von beiden erforderten, hatte man ab einem gewissen Komplexitätsgrad noch einen Ingenieur für die Überwachung der Technik dabei und auf Langstrecken einen Navigator. Heute können die Piloten so etwas mitmachen, weil einerseits diese Tätigkeiten einfacher wurden, andererseits aber auch weil ihnen der Autopilot das eigentliche Fliegen abnehmen kann.
Die Level-3-Anforderung im Automobilbereich benötigen eine aufwendige und teure Zertifizierung die Tesla aktuell einfach nicht durchführen lassen will. Zu mindestens das amerikanische System (FSD) kann wesentlich mehr als z.B. das zertifizierte Level 3 System von Mercedes.
Teil der nachzuweisenden Fähigkeiten wäre es, dass die Selbststeuerung ihre eigenen Grenzen vorausschauend erkennt und die Kontrolle an den menschlichen Fahrer zurückgibt oder rechtzeitig vor verlassen des beherrschten Bereichs sicher anhält. Mehrere Unfälle mit selbststeuernden, unzureichend überwachten Teslas (respektive wegen plötztlich die Selbststeuerung einstellender Teslas und nicht schnell genug übernehmenden Menschen) belegen, dass Tesla für derartige Anforderungen nicht nur nicht zertifiziert ist, sondern sie derzeit schlichtweg nicht beherrscht. Der FSD und insbesondere der Autopilot haben kein hinreichendes Verständnis ihrer Umgebung um zu beurteilen, wann diese sie überfordert. Unklare Situationen, beispielsweise komplexe Fahrbahnmarkierungen oder bestimmte Verkehrsteilnehmer werden einfach so gut wie möglich erkannt und dann so gut wie möglich gemäß dieser Erkennung gehandelt. (Oder das System schaltet von jetzt auf gleich ganz ab.)
Das klappt in vielen Fällen tatsächlich recht gut, aber ein Level-3-System muss diese "so gut wie"s beurteilen können und jenseits einer gewissen Grenze die geordneten Übergabe an einen Menschen einleiten. Unter Bedingungen, unter denen solche Grenzsituationen gehäuft zu erwarten sind, dürfen sich Level-3-Systeme nicht einmal einschalten lassen. Ebensowenig dürfen sie nicht weiterfahren, wenn eine Übergabemöglichkeit nicht gesichert erscheint. Tesla ist zu einer solchen Trennung nicht fähig, stattdessen sollen die Nutzer anhand einer groben Auflistung selbst entscheiden, wie weit dem ihnen nur oberflächlich bekannten, regelmäßig veränderte System vertraut werdem kann. Einige machen das verantwortungsbewusst. Andere fahren schlafend weiter, überfahren vollautomatisch Rettungskräfte, probieren FSD auf nicht-FSD-tauglichen Straßen aus oder beenden ihr eigenes Leben an Fahrbahnteilern. Ein Level-3-taugliches System dürfte nichts davon zulassen.
Musk ist authistisch, minderschwer, aber doch deutlich. Darum muss man viele seiner Aussagen nicht auf die Goldwaage legen, sondern sollte mit etwas mehr Gelassenheit heran gehen und ihn einfach nicht so ernst nehmen. Man sollte sich, wenn er sich z.B. in Grünheide hinstellt und sinngemäß sagt "Was für ein Wasserproblem, hier ist doch alles grün", weniger an Musk abarbeitet, als saubere Genehmigungsverfahren für seine Firma umsetzen.
Musk hat in der Vergangenheit sehr ungehalten reagiert, wenn man ihn nicht so ernst genommen hat und beispielsweise Genehmigungsverordnungen oder Arbeitsschutz über seine Meinung gestellt hat. Das mag er beinahe noch weniger als zum Beispiel kritischen Journalismus.
Und noch kein Autohersteller wurde verklagt weil in einer Werbung ein Auto von einer Brücke gesprungen ist, es aber das im echten leben nicht schafft... wieso also jetzt Tesla?
Mercedes nennt ihr System auch Drive Pilot. Wobei das in meinen Ohren eher klingt nach Selbstfahrend.
Da dieser begriff in keiner Branche sauber definiert ist.
Mercedes' Drive Pilot
ist selbstfahrend. Zumindest in dem engen Rahmen in dem er überhaupt aktiviert kann, aber den gibt Mercedes in den Beschreibungen an.
Autowerbung mit von Brücken springenden Fahrzeugen kenne ich übrigens gar keine. Erst recht keine, die unter heute geltenden Werbe-Vorschriften veröffentlicht wurde.