Ich persönlich finde die Entscheidung Ubisofts, einen schwarzen Protagonisten im feudalen Japan zu nehmen, für falsch. Das liegt in erster Linie hauptsächlich daran, dass die Wahl bösartig erfolgt ist. Historisch gesehen war Yasuke eben
kein Samurai, sondern ein Koshō - eine Art Page, der "niedere" Tätigkeiten ausgeführt hat. Japanische Spieler sind daher zu Recht verwundert.
Forbes hat hierzu einen recht guten Artikel geschrieben, der die Verwunderung über die Wahl sehr treffend ausdrückt:
"
Yasuke has been portrayed in a bunch of different ways over the years, in anime such as Afro Samurai and the more recent Yasuke on Netflix. In these works, it was clear this was meant as entirely fictional “what if” scenario and they are all great. Having Yasuke depicted as a cool samurai was entirely fine, as it was clear there was a great deal of artistic license involved. The issue here, and one that Japanese gamers are pointing out in the trailer for the game and elsewhere online (shown above and below), is that Assassin’s Creed is a series about retaining a degree of fidelity to historical events. That in other games in the series, people of that locale and period were consistent with history and their varying host cultures. So changing it here is odd and not in keeping with the other Assassin’s Creed games, which is what Japanese fans are mostly pointing out online."
Die eine Seite der Medaille - das japanische Publikum - stößt sich
meiner Meinung nach zu Recht an der Wahl des Charakters und fühlt sich in seiner Kultur und Geschichte nicht respektiert.
Dazu kommt die andere Seite der Medaille: Man hat in Assassin's Creed Spielen stets fiktionale Charaktere gespielt, die - wie Forbes schon schrieb - stets "
consistent with history and their varying host cultures" waren. Yasuke ist der erste Protagonist in Assassin's Creed, der wirklich auf einer historischen Person beruht. Die afroamerikanische Spielerschaft - oder zumindest Teile dieser - ist daher -
meiner Meinung nach völlig zu Recht - darüber verärgert, dass dieser Umstand ausgenutzt wird, um Tokenism zu betreiben. Denn: Nichts anderes ist die Wahl. Man hat Yasuke als schwarzen Charakter benutzt um Tokenism zu betreiben und Brownie-Points in der DEI-Community zu sammeln.
Die afroamerikanische Spielerschaft - oder zumindest Teile dieser - empfindet das -
meiner Meinung nach - zu Recht für anstößig, weil so schwarze Menschen als Token missbraucht werden. Schwarze Menschen finden bspw. auch race swaps (bspw. die schwarze dänische Meerjungfrau) nicht lustig. Schwarze Menschen wollen vernünftig repräsentiert werden und nicht für faule Lösungen herhalten, die zudem noch dafür instrumentalisiert werden, damit die Content-Hersteller im Sinne von DEI gut dastehen. Gerade bei Assassin's Creed fragen sich - eben weil die Serie die Möglichkeit bietet, diverse historische Settings in den Vordergrund zu rücken -, warum Ubisoft nicht einfach ein afrikanisches Setting mit einem schwarzen Hauptcharakter nutzt. Viele Afroamerikaner schlagen hierbei vor, die Zulu als Setting zu nutzen. Mir persönlich fällt als mögliches Setting sofort Kamerun ein, das von den Deutschen kolonialisiert wurde.
Beide betroffene Gruppen haben mit der Wahl also Probleme und beide Gruppen verstehen auch den aktuellen Zeitgeist nicht mehr, nach dem das völlig in Ordnung sein soll. Japaner fragen sich -
meiner Meinung nach zu Recht -, ob das
cultural appropriation und/oder
Neokolonialismus ist und Afroamerikaner sehen eben diese Probleme ebenfalls so. Wie du sicherlich aus dem PS5-Thread weißt, habe ich auch einen Hintergrund im Manga/Anime-Bereich, der immer weiter darunter leidet, dass die Manga/Anime-Kultur an den derzeitigen westlichen Zeitgeist angepasst wird und selbst Japaner selbst darunter leiden müssen. Wenn man den Kaninchenbau weiter herabsteigt, kommt man auch bei offensichtlich geistig umnachteten Menschen aus der Woke-Community an, die Japaner bzw. Asiaten als "white adjacent" bezeichnen. Nach alldem bleibt wirklich die Frage: War das wirklich so eine gute Idee, Yasuke als Protagonisten zu wählen oder war das vielleicht - bei der bösartigen Intention Ubisofts, damit Brownie-Points zu sammeln - doch ein klitzekleines bisschen rassistisch?
Ich persönlich habe sogar nicht einmal etwas dagegen, wenn Yasuke wirklich in einem im feudalen Japan angesiedelten Spiel auftaucht. Wie beschrieben: Der Mann hat wirklich existiert. Allerdings könnte man den Charakter dann als einen der zentralen Nebencharaktere nutzen, so dass man - wie bereits oben beschrieben - nicht mit dem üblichen Vorgehen bricht.
Problematisch ist auch, dass Ubisoft sich bei dem Setting wohl wenig Mühe gegeben hat. So ist nicht nur die Wahl des schwarzen Protagonisten fragwürdig. Auch bei der zumindest im Trailer gezeigten Architektur soll sich Ubisoft wohl eingige Fauxpas erlaubt haben, da einige Details doch aus dem chinesischen anstatt dem japanischen Bereich kommen. Dazu kommt, dass sich viele Fans der Serie fragen, wie ein schwarzer Mann in Japan denn je mit Stealth umgehen solle. In die Umgebung kann er jedenfalls, weil er optisch so stark heraussticht, nicht abtauchen. Schließlich dazu kommt (was
@KuroSamurai117 schon geschrieben hatte) dass sich Spieler schon seit Ewigkeiten ein Assassin's Creed in Japan gewünscht haben und - selbstverständlich - einen japanischen Ninja/Samurai spielen wollten.
Im Endeffekt wird das alles sicherlich ohnehin egal sein. Wenn das Spiel gut werden sollte, was ich allerdings bezweifle, wird die Wahl des Protagonisten kaum Auswirkungen haben außer villeicht, dass die Authentizität des Settings darunter leidet. Wird das Spiel schlecht werden, wird das hauptsächlich nicht an der Wahl des Protagonisten liegen. Da kämen dann wieder Faktoren wie die große leere open world, sinnfreies Grinding, schlechte Story pp. in Frage. Leider lenkt die Diskussion auch - man könnte glatt denken, dass Ubisoft die Wahl genau deswegen getroffen hat (und auch das wäre Ubisoft negativ anzukreiden) - davon ab, dass Ubisoft ein krass verbraucherfeindliches Verkaufsmodell für künftige Spiele implementieren will. Es sind nicht nur die hohen Preise, der Vorabzugang und Exklusiv-Content für Premium Edition Käufer verbraucherfeindlich, sondern auch das Modell, mit den hohen Preisen psychologisch darauf hinzuwirken, dass Verbraucher Ubisoft+ abonnieren und damit - wir erinnern und an die Abschaltung von The Crew - die Spiele, die sie spielen, nicht mehr besitzen, so dass Ubisoft diese Spiele stets abschalten kann.