Also habt ihr gar nicht nach Spezifikation getestet?
Ergibt Sinn, denn ihr habt unter Anwendungen auch mehrfach weit über 253Watt gemessen.
Wir haben mit den PL1-, PL2- und Tau-Settings gemessen, die Intel uns genannt hat. Die restlichen Einstellmöglichkeiten (außer RAM) blieben in der Regel auf Mainboard-Default, da hatten auch alle Marken ähnliche Defaults.
War das "nach Spec"?` Wir dachten: Ja. Und soweit ich es nachvollziehen kann, verfahren auch zahlreiche Kollegen in der Branche genauso, wenn sie "nach Intel Spec" testen wollen. Aber diese "alte Spec" steht jetzt halt in Frage, denn in den letzten 2-3 Monaten haben die Mainboard-Hersteller eine ganze Menge CPU-Parameter jenseits von PL1/PL2/Tau in ihren Defaults variiert. Werte, zu denen in Intels technischen Datenblättern schlichtweg keine Angaben stehen. Wir wissen also nicht, ob die alten Defaults "
@spec" waren, oder ob wir eine "neue Spec" gemäß der neuen Default-Werte testen müssen. Respektive der mittleren, denn nicht selten gab es mehrere Änderungen hin und her oder in mehreren Abstufungen. Da braucht es einfach mal eine Ansage von Intel, bis dahin stehen zwei Grundinterpretationen im Raum:
1. Die Mainboard-Hersteller haben bislang diverse Settings für Leistungs- oder OC-Potenzial-Boosts genutzt, genauso wie sie PL1 und PL2 ab Werk in wahnsinnige, CPU-gefährdende Dimensionen geschraubt haben. Die alten Werte waren "über Intel Spec".
2. Die Mainboard-Hersteller haben jetzt diverse Settings auf langsame Werte geändert, um ihre ab Werk wahnsinnigen, CPU-gefährdenden PL1 und PL2 zu stabilisieren. Die neuen Werte sind "unter Intel Spec".
In letzterem Falle können uns diese neuen Änderungen egal sein, denn wir haben den Power-Limit-Wahnsinn in PCGH-Benchmarks nie mitgemacht. Wenn MSI jetzt das Profil mit "nur" 253 W vorgibt, dann übernehmen sie mit 2,5 Jahren Verspätung unsere Empfehlungen und man erhält dann out-of-the-box 1:1 die Performance, die in PCGH-Benchmarks steht. "Leistungsverlust"? Pusteblume!
Anders sieht das in Fall 1 aus. Nach all unseren Testergebnissen und -Erfahrungen gibt es keinen Grund, jenseits der in bisherigen PCGH-Tests genutzten Power Limits weitere Drosselungsmechanismen zu aktivieren, wenn man auch an anderen Stellen die Specs einhält. Wer nur ein stabiles, dauerhaft lauffähiges System haben möchte, kann sich also auf die von uns gemessene Leistung verlassen. Aber es könnte sein, dass Intel trotzdem weitere Drosselungen vorsieht, die bislang inaktiv waren. Wenn wir "nach Intel Spec" testen wollen, müssten wir diese aktivieren. Je nach genauer Ausgestaltung entspräche das neue "
@spec"-Ergebnis dann bisherigen Undervolting-Szenarien – was ich persönlich genauso als Fortschritt feiern würde wie die bereits erfolgende Rücknahme des Mainboard-Hersteller-Werks-Overpowering.
P.S.: Bei aller Kritik an Intels unklaren Spezifikationen sollte man erwähnen, dass die Dokumentation bei der Konkurrenz noch schlechter ist. AMD hat uns schon mehrfach Einsicht in Spezifikationen verweigert und wo Intel (zu viele9 Wochen braucht, um uns gegenüber Merkwürdigkeiten zu erklären, gibt es bei AMD teils auf vermeintlich einfachste (Spec-)Fragen gar keine Antwort. Bei einzelnen CPU-Tests wird das dadurch kompensiert, dass die relevanten Einstellungen fast alle vom AGESA vorgegeben werden – man muss bei einem Ryzen gar nicht wissen, was "
@spec" ist; die Mainboard Hersteller haben ohnehin wenig zu melden. Dafür kann aber jede neue AGESA-Version Veränderungen bringen, die dann nicht einmal sichtbar sind. Während Dave damit kämpft, dass er "Intel Spec" testen will, diese aber nicht zuverlässig von "MSI Eigenkreation" und "Asus Optimierung" unterscheiden kann, ich stehe ich als Mainboard-Tester gerade vor dem gegenteiligen Problem: UEFI 1 ist 10 Prozent schneller als UEFI 2. Aber ist das "Asus Optimierung" gegenüber "MSI Eigenkreation" und somit Teil meines Mainboard-Testergebnisses oder ist das der Unterschied zwischen "AMD Preset 1" und "AMD Preset 2"? Das Endresultat in beiden Fällen: Wir testen für ein und dieselbe Hardware ein halbes dutzend "Defaults", denn weder bei Ryzen noch bei Core gibt es aktuell so etwas wie eine garantierte Leistung.