Ich erlaube mir noch einmal auf die Satelliten Aufklärungsfähigkeiten zurück zu kommen.
Sehr anschauliche Rechnung. Allerdings strahlen die Kommunikationsatelitten ja Signale in alle Richtungen ab. Um optisch etwas aufzuklären muss ja mehr oder weniger senkrecht nach unten geschaut werden. Zuerst dachte ich die 1024 Stück sind zu hoch gegriffen. Vermutlich sind diese aber für eine Echtzeit Aufklärung noch sehr konservativ gerechnet und dürfte nach oben korrigiert werden.
Was zeigt das das Wunschträume sind die uns hier erzählt werden.
Russland hat auch gerade einmal gut 180 Satelliten im Orbit. Darunter viele kommerzielle.
Ich habe leider keine Angaben zu militärisch verwertbaren Winkeln gefunden. Es gibt definitiv auch absichtliche Beobachtung mit flacher Perspektive, um z.B. ein Stück weit in Hangars reinzulunzen. Aber ich weiß nicht, ob man da auch klar was erkennen kann oder nur prüft, dass der Blob der vor zwei Tagen noch vor dem Hangar stand, weiterhin drin sitzt. Die Beobachtungsentfernung und insbesondere der störungsbehaftete Weg durch die Athmosphäre nimmt bei flacher Perspektive auf alle Fälle extrem zu.
Für meinen Schätzwert bin ich mal von Google Earth ausgegangen. Da kann man Hausfassaden finden, die real so 20 m hoch sein sollten und deren Schrägansicht als 1-2 m breiter Streifen in den nicht-ganz-top-down-Aufnahmen auftauchen. Das heißt für kommerzielle Bilddienst sind bis zu 5° Abweichung vom Zenit = 10° Abdeckung nur ein Schönheitsfehler, weil der Anschluss ans nächste Bild Parallaxefehler bekommt, aber der Bildinhalt bleibt brauchbar. Da halte ich 30° = ±15° vom Zenit für die identifizierende militärische Aufklärung für durchaus möglich, wenn man den richtigen Satelliten hat.
Aber das sind halt dicke, spezialisierte Klopper. Kein Go-Pro-Verschnitt, den man in "dutzenden Kommunikationssatelliten je Start" "mitschmuggeln" könnte. Von den 180 russischen Satelliten sollte man zudem zumindest alle abziehen, die auf Umlaufbahnen >1.000 km unterwegs sind. Die optischen Herausforderungen an die Kamera wachsen schließlich linear mit der Entfernung und die langsamere Bewegung in höheren Umlaufbahnen reduziert den militärischen Wert für zeitnahe Beobachtungen schnell auf null. Gut - mit einer 24/7-Megakonsteallation wäre letzterer Aspekt egal, aber da bräuchte man dann wiederum Satelliten, die alle ähnlich schnell unterwegs sind. Da hat aber niemand so viele in einem Verbund. Die USA nicht, China nicht, Indien nicht, das kooperierende Kleingemüse unter den Raumfahrern nicht und Russland schon mal gar nicht.
Optische Echtzeit-Satellitenaufklärung gibt es somit nur im Film und vielleicht noch im Sonderfall "äquatornaher Erzfeind". Die Anforderungen für eine geostationäre Kamera wären zwar extrem, aber nicht unbewältigbar und so eine Kamera könnte einen Punkt eben beliebig lang ausspähen. Oder zumindest von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang, optische 24-h-Beobachtung ist mit absolut allen außer-athmosphärischen Mitteln unmöglich.
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China, die bekanntermaßen großes Interesse an Südostasien und vor allem Indien haben, hat vor vier Jahren einen 4,5 Tonner gestartet, der offiziell der Geobeobachtung dient - Wetter, Wolken, Vegetationsabdeckung. Es gibt aber Spekulationen, dass er eine Auflösung von bis zu 2,5 m haben könnte, also beispielsweise die Bewegungen bekannter Fahrzeuge nachverfolgen und Schiffe möglicherweise sogar identifizieren könnte.
Aber die Betonung liegt dabei natürlich auf "einen Punkt" ausspähen. Selbst wenn die chinesische Cam 100 MP hat, was selbst für Satelliten viel wäre, und die 2,5 m je Pixel erreicht, würde sie nur 25 * 25 km erfassen. Und auf denen könnte sie eben auch nur registrieren "Blob A bewegt sich nach X, Blob B nach Y". Das kann spionagetechnisch viel Wert sein, wenn die Spione am Boden bei der Durchfahrt durch Z verifiziert haben, das Blob A eine Interkontinentalrakete geladen hat und man bis tief in militärische Sperrgebiet hinein nachvollziehen möchte, wo sie installiert wird. Aber für Gefechtsfeldaufklärung möchte man über 100te km Strecke sehen, wenn der Schütze von Blob C seine Tür aufmacht, um Pinkeln zu gehen. Dafür braucht man eine zehnmal höhere Auflösung und 40 solche Kameras je 100 km Front.
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Die Kombination aus Hubble-Optik mit dem 1 MP CCD von Hubble hat wohl 90 m Auflösung auf dem Mond. Von selbigem ist Hubble etwa zehnmal weiter entfernt, als ein geostationärer Orbit von der Erdoberfläche. => eine 400 MP Cam mit der Optik von Hubble käme auf 45 cm Auflösung kombiniert mit der Fähigkeit zur permanenten Beobachtung. Das wäre also der Kaliber, den man für Satellitengestützte Echtzeitaufklärung bräuchte: Ein Hubble ausgestattet mit einem Sensor der viermal leistungsfähiger ist als der afaik bislang leistungsfähigste gebaute. Und das reicht dann für 14 km Frontlinie. Für die Ukraine bräuchte man also 100 Stück. Oder eher 150-200 Hubbles, denn ganz ohne Überlappung wird das Beobachtungsfeld am Rande der Kamerabereiche ziemlich schmal und die größeren Lager liegen ja auch mehr als 14 km im Hinterland. Ach ja: Und man müsste die Ukraine noch 40° nach Süden verschieben, sonst kommt sie gar nicht in den Schwenkbereich dieser Monster-Konstruktion.
tl;dr: Optische Echtzeit-Satellitenaufklärung gibt es nur im Film.