Guter Artikel, dem ich grundsätzlich zustimme. Leider nur sind die klassischen Medien einer der Hauptgründe dafür, dass es erst so weit gekommen ist. Access Journalism sorgt eben dafür, dass nicht so gute Spiele von großen Publishern wohlwollend bewertet werden und umfangreiche Berichterstattung erfahren, während gute, ggf. kleinere Projekte diesen Wohlwollens-Bonus nicht haben und auch - wenn überhaupt - nur wenig Berichterstattung erfahren. Wenn dabei allerdings ähnliche Wertungen entstehen, dann werden Kunden wohl deutlich eher zum Bekannten greifen. Inflationäre Wertungen müssen endlich aufhören. Allerdings müssen wir "Gamer" hier auch mitspielen: Medienschaffende sollten keine Todesdrohungen dafür erhalten, nur weil sie einem Spiel eine realistische Wertung geben. Ich kann mich bspw. noch daran erinnern, als Jim Sterling mit seiner 7/10 für Breath of the Wild für einen wahren Sh*tstorm gesorgt hat, obwohl die Wertung durchaus berechtigt ist (und das sage ich als Nintendo- und v.A. Zelda-Fan).
Andererseits sind wir "Gamer" allerdings auch ein vergleichsweise anspruchsloses Publikum. Während Filme wie Dune 2 mit einer 8/10 auf Metacritic - und Wertungen in dem Bereich sind im Bereich Film alles andere als ein Standard - als Meisterwerk gefeiert wird, ist das für viele Gamer gerade noch gut. Einerseits mag das daran liegen, dass uns Spiele durch ihre medieninherente Immersion deutlich tiefer in den Bann ziehen. Andererseits gehe ich aber auch davon aus, dass wir uns dank Recency Bias an einen schlechten, zumindest aber mittelmäßigen Standard als "gut" gewöhnt haben. Besonders deutlich wird das im Mikrotransaktionsbereich. Hier sind ein Großteil von uns ja schon zufrieden, wenn ein Spiel nicht Pay 2 Win ist. Die Ausrede "It'S JuSt CoSmEtiC!!11Elf" kann ich persönlich nicht mehr hören.
Schließlich liegt das sinkende Niveau sicherlich auch an der immer weiter voranschreitenden Corporization der Spieleindustrie. Es ist halt zu viel Geld im Spiel. Professionelle Entwicklungsstudios bestehen nicht mehr aus Freunden oder Bekannten, die selbst gern spielen und ein gutes Produkt entwickeln wollen. Insbesondere in den Führungsetagen befinden sich in der Regel keine Leute mehr, die einen Bezug zu Gaming hätten, sondern Leute, denen es hauptsächlich ums Geld geht. Es ist daher kein Wunder, dass Entwickler das produzieren, was sicher und ertragreich ist anstelle dessen, was Spiele eigentlich auch sein sollten: Eine Form von Kunst. Was hierbei in der Diskussion auch gern untergeht: Große Spielestudios sind - gerade auch durch die sehr schlechten Arbeitsbedingungen von Entwicklern - sehr ineffizient organisiert und niemand will - gerade, weil er nicht gefeuert werden will, wirklich Verantwortung tragen. Unter den Bedingungen ist es kein Wunder, dass die Entwicklung von Spielen lange dauert und dabei nur Mittelmaß herauskommt.
Ich sehe das Problem aber beim Kunden. Der schließlich entscheidet darüber, welche Studios mit welchen Titeln Erfolg haben und welche nicht. The Talos Principle (2) schwimmt genauso unter dem Radar, wie Outcast und viele andere Titel, die mir wegen ihrer Qualität in Erinnerungen geblieben sind (CrossCode, Outer Wilds, Battle Chasers, Kingdom Two Crowns, um nur mal ein paar davon zu nennen). Natürlich muss man über diverse Kanäle erst mal wissen, dass es diese Spiele überhaupt gibt, doch allein daran kann es nicht liegen, denn ich empfehle seit Jahren wirklich gute Indie-Titel über verschiedene Wege, habe aber nicht den Eindruck, dass das viel ändert.
Finde ich etwas unfair, das auf den Kunden zu schieben. Gerade kleinere Titel sind hauptsächlich davon abhängig, dass sie von Boutiquen-Influencern, die das Genre bzw. die Genres ihrer Wahl abdecken, beworben werden - oder bpsw. auch in Diskussionsforen. Ich find' bspw. CrossCode sehr gut, bin darauf allerdings durch einen yt'er meines Vertrauens gestoßen. Visibilität ist wichtig. Was ich als Kunde nicht sehe, kann ich auch nicht kaufen. Über die klassischen Medien kommt man in der Regel sicherlich nicht an solche kleinen Titel.
Damals gab es KEINE Echtgeld-Shops!!!
Was? Echtgeld-Shops gibt's spätestens seit es erfolgreichere MMORPGs gibt. In MMORPGs gibt's schon seit dem Jahr 2004 unsägliche Lootboxen und der Unsinn hat sich ausgebreitet wie eine Seuche.
@Echtgeldshops.
Ich weiß gar nicht wo da immer das Problem ist. Das sind doch überwiegend nur Skins und Co. nichts Relevantes außer cosmetics, daran geht das Abendland nicht zugrunde und die kids stehen drauf. Ich kann damit leben, so lange es kein p2w ist.
Das ist halt - mit Verlaub - Bullsh*t. Gerade die "It'S JuSt CoSmEtiC!!11Elf"-Ausrede kann ich nicht mehr hören. Cosmetics sind bzw. waren eine der Hauptbelohnungen und Statussymbole in Spielen. Wenn du den Teil plötzlich in den Cashshop steckst, nimmst du dem Spiel selbstverständlich Content weg. Das Thema ist gerade in MMORPGs relevant. Warum willst du denn Content spielen, der keinen Sinn ergibt? Ohne cosmetic rewards wird Content, in dem es keine substantiellen Rewards wie BiS-Gear gibt, einfach überflüssig. In WoW gibt's ja zumindest noch Content, den du für Mount-Farming läufst. In anderen MMORPGs sieht das schon deutlich anders aus. Da spielst du deinen streamlined Endgame Content und sonst nichts. Wir als "Gamer" müssen dringend von dieser unfassbar kurzsichtigen Einstellung wegkommen, dass alles, was nicht P2W ist, schon irgendwie in Ordnung sei. Sobald durch Mikrotransaktionen die Spielqualität beeinträchtigt wird, ist das eben nicht mehr in Ordnung.
Klar, wenn man nicht über den Tellerrand gucken kann, dann sieht das so aus. ABer ich erweitere deine Liste mal:
Dark Envoy, Lamplighters League, Lies of P, Avatar, Alan Wake 2, Robocop, Atomic Heart, WarTales, Everspace 2, Jedi: Survivor, Showgunners, Miasma Chronicles, Aliens: Dark Descent, Shadow Gambit, Armored Core 6, Trepang.
Und ich hab da schon etliche weggelassen, wo es zur (sinnlosen) Diskussion gekommen wäre. Viele der Games sind ebenfalls neue IPs.
Es kommen schon noch gute Spiele heraus. Allerdings würde ich schon behaupten, dass der AAA-Bereich derzeit schon spürbar am Crashen ist und der AA-Bereich mehr und mehr Aufmerksamkeit bekommt. Dafür sprechen ja gerade Erfolge wie bspw. Helldivers 2.
Ich würde andererseits aber auch behaupten, dass viele der "Underdogs" nicht unbedingt ein Mainstream-Publikum ansprechen und - mit Verlaub - besser gehandelt werden als sie sind. Von den von dir aufgezählten Spiele sind einige zwar gut, andere allerdings doch eher mäßig. Alan Wake 2 und Avatar fand' ich bspw. recht mittelmäßig. Gut waren auf jeden Fall Jedi Survivor und Robocop. Allerdings ist das alles subjektiv.